Nach Mitternacht haben wir unseren Schlafplatz am Lake Wiritoa wenige Kilometer außerhalb Wanganuis unter hohen Nadelbäumen und Sternen gefunden. Erst am Dienstagmorgen erkannten wir mehr von der Umgebung. Am See gab es hübsche Picknickmöglichkeiten auf einer Wiese. Der See selbst lud nicht so sehr zum Baden ein. Haben wir schon viel schönere Seen gehabt. Nach Sonnen-Frühstück fuhren wir gegen Zehn in die Innenstadt Wanganuis: I-Site bot kostenlos Internet, Promenade am Whanganui-River mit Blick über eine große Brücke sehr schön und die Innenstadt selbst ebenfalls hübsch, wirkte durchaus etwas historischer als manch andere historische Plätze Neuseelands. Da wir kürzlich bemerkt hatten, dass bereits Ende März unsere Autoversicherung abgelaufen war und beim bisherigen Anbieter keine Verlängerung um bloß drei Wochen möglich war, machten wir uns entlang der Hauptgeschäftsstraße auf die Suche nach einer neuen Kurzzeit-Autoversicherung. Bisher war zwar nie etwas passiert, aber man weiß ja nie… Dass wir auch nach geschätzt sechs Anfragen bei sämtlichen Banken und Versicherungsanbietern nicht fündig werden sollten, hätten wir nicht gedacht! Trotz noch so netten Service-Mitarbeitern und hilfsbereiten Auskünften ließ sich keine neue Versicherung für bloß drei Wochen auftreiben! Witzig war die Anfrage bei der Kiwibank: Nachdem uns die Frau am Schalter an das Service-Telefon im selben Shop verwiesen hatte, rief ich die Versicherungshotline von dort an und wurde um meinen Kiwibank-Zugangscode gebeten. Ich sagte diesen an, musste zur Sicherstellung, dass auch wirklich niemand Fremdes unter meinem Namen anruft, Vornamen, Nachnamen, mittleren Namen sowie Geburtsdatum angeben… Doch statt nun die Beratung folgen zu lassen, weitere Sicherheitsfragen… Ohne Adresse in Neuseeland Autos zu kaufen und Konten zu eröffnen stellte absolut kein Problem dar. Adresse „Van“ oder „unterwegs“ genügte auf sämtlichen Formularen. Doch was die Dame mich zwecks Identifizierung für eine einfache Telefonberatung nun fragte, war schon interessant: Welche Summe ist binnen der letzten Woche auf ihrem Konto eingegangen? – zwischen 60 und 70 Dollar… Wann haben sie zuletzt etwas per Eftpos (bargeldlos mit Kiwibank-Card) in einem Geschäft bezahlt? – uh, so vor zwei Tagen… So, nun muss es doch aber reichen… Von wegen: Was haben sie damit bezahlt? – hehe, das weiß ich noch genau: Icecream! Und um welchen Betrag handelte es sich dabei? – Wie bitte… (Sie meinte es ernst!) 3,30$. Ich erwartete schon die Frage nach der Anzahl der Kugeln und den Geschmacksrichtungen, doch sie glaubte mir schon, dass ich ich war und verband mich, nachdem ich meine Frage bezüglich der Versicherung gestellt hatte, sofort an einen kompetenteren Ansprechpartner weiter, welcher mich immerhin direkt mit Vornamen begrüßte und nicht noch einmal absichern wollte, dass auch wirklich niemand anders am Hörer hing. Eine Minute später erklärte mir der freundliche Herr, dass auch hier keine Versicherung für drei Wochen möglich sei. Um Eins gaben wir die Versicherungssuche erfolglos auf. Wolfi (und alle hundert Male auch ich) würde weiterhin vorsichtig fahren müssen und sich nicht von der Versicherungslosigkeit beunruhigen lassen dürfen… Nach Einkauf und Auftanken starteten wir in Richtung Zentralplateau, nochmals in den Tongariro Nationalpark, welchem wir in den ersten Wochen unserer Reise bereits angefahren hatten. Damals hatte ich mit dem Gedanken gespielt, den Tongariro Crossing zu laufen, einen Walk, dem der Ruf des schönsten Tagestracks von ganz Neuseeland nachhängt. Damals lehnte Wolfi das Wandern noch gänzlich ab und ich war mir zu unsicher, ob ich 20km durch Vulkanberge allein bei damals auch noch verschneit kalten Verhältnissen bestreiten könnte, ohne jegliche Wandererfahrung. Hatten ja vorher nie einen längeren Walk gemacht. Nun, nachdem wir so oft von anderen Reisenden gehört hatten, dass die Strapazen des Walks jeden Schweißtropfen und Muskelkater absolut wert wären, wir selbst nun schon ab und an Mehrstundenwanderungen unternommen hatten und außerdem die Wettervorhersage für die nächsten drei Tage gerade noch gut war, hatten wir, Wolfi und ich, uns entschlossen, den Walk gemeinsam zu absolvieren! Nie hätte ich mir, nachdem der erste Anlauf vor Monaten nicht einmal angelaufen war, erträumen lassen, dass ich diesen Weg wirklich noch gehen sollte – und mit Wolfi!!! Neuseeland hatte uns dahingehend verändert… Wir waren entschlossen und guten Mutes! So auch die Fahrt in Richtung Nationalpark, die wir statt über den schnellen Highway über die kurvig-bergige Whanganui River Road zurücklegten. Erster Halt erfolgte noch in Wanganui. Auf der anderen Seite des Flusses gab es einen historischen Fahrstuhl, der auf einen höher gelegenen Stadtteil führte und dort tolle Aussichten versprach. Ohne uns groß umzuschauen begannen wir Treppen zu steigen. Ich war mir sicher, der Fahrstuhl würde weiter oben erst losfahren. Wolfi wunderte sich irgendwann und kehrte auf halbem Weg wieder nach unten um. Ich stapfte weiter, in der Sonne. Es wurde warm. Irgendwann kam ich auf dem Hügel an, sah neben den letzten Stufen auch endlich den Fahrstuhl. Allerdings ging der hier nicht los, sondern kam er hier 65m höher an. Kurz darauf schritt Wolfi strahlend, entspannt und um zwei Dollar ärmer aus dem Fahrstuhlhäuschen hervor. Wie kam ich auch darauf, dass ein Fahrstuhl nach oben irgendwie oben begänne?! Naja, wie dem auch sei, wir waren nun zumindest beide auf dem Hügel angekommen. Wir erklommen sogar noch die über 100 Stufen eines steinernen Aussichtsturm mit weitem Blick über Wanganui am Whanganui River (einmal mit und einmal ohne „h“), der Tasman Sea und umliegendem Weideland. Für den Weg zurück nach unten nahmen wir dann wirklich beide für zwei Dollar pro Person den historischen Fahrstuhl, für den extra eine Dame täglich in einem Zimmerchen sitzt und auf Klingelkommando Anwohner und Touristen hinauf und hinab fährt. Zu Fuß noch durch den 200m langen Tunnel und schon waren wir wieder bei Joy. Die schmale und zu großen Teilen unbefestigte Whanganui River Road schlängelte sich 80km entlang des Whanganui River zum Zentralplateau der Nordinsel. Während der gemütlichen Fahrt mit einigen Stopps hier und da ging es durch die unberührte Natur entlang des Flusstals oder über die Felsen oberhalb des Flusses, um uns herum meist dichter Urwald. In Millionen Jahre alten Sandsteinklippen hingen versteinerte Muscheln als Beweise, dass vor langer, langer Zeit hier mal das Meer zugegen gewesen sein musste. Alle zig Kilometer durchfuhren wir klitzekleine Flussdörfchen und Farmen, die in längst vergangenen Zeiten stecken geblieben waren. Nicht ein einziges Geschäft entlang des ganzen Weges, keine Tankstelle,bloß kleine Hütten und schiefe, alte Holztore. Kurz nach Fünf fuhren wir einem Schild folgend in Richtung eines Campingplatzes ab, auf dem sich eine Kanu-Jugendtruppe vergnügte… Richtige Ferienlagerstimmung! Wir fanden kostenlose Duschen, was zur Folge hatte, dass wir die darauf folgende zweite Hälfte der Flussstraße in Dämmerung bzw. absoluter Dunkelheit und auf Schotter zurück legen mussten. Das fand Wolfi, der von einsamen Straßen abseits der restlichen Welt zwischen Dickicht im Nirgendwo immer besonders begeistert war, ziemlich schade. Neben einem Dörfchen namens Jerusalem mit einer alten Kirche entdeckten wir noch ein Possum im Straßengraben, das bei unserem Anblick erstarrte. Lustiges Tier! Erst gegen Acht (hatten wirklich ziemlich gebummelt auf der Flussstraße) erreichten wir in Raetihi wieder den Anschluss an den Highway, aßen in dem Ort unter dem Licht einer Straßenlampe zuvor noch schnell Abendbrot. Wie vor vielen Wochen erreichten wir noch einmal den Nationalparkort Whakapapa Village in düsterer Nacht, parkten auf einem großen Busparkplatz direkt am Ortseingang während sich in nicht allzu weiter Entfernung Vulkan Mt. Ngauruhoe (Herr der Ringe: Schicksalsberg Mount Doom) in den sternenklaren Nachthimmel hob. Hui, da würde es morgen ganz nah ran gehen! Der Schlaf war kurz (meiner zudem noch sehr schlecht), denn Punkt 6 Uhr ging es raus aus dem warmen Bett und im Halbdunkel ab in die Wanderstiefel. Über Nacht war der Himmel zugezogen… Na mal schauen, Wetterumschläge können in solchen Höhen häufig und blitzartig geschehen, durchaus heimtückisch sein! Doch es war ja eigentlich gutes Wetter vorhergesagt. Frühstück, Wanderausrüstung fertig packen und umparken gegenüber des Info-Centers, wo schon ein Mini-Shuttlebus bereitstand. Für 35 Dollar kauften wir uns bei der Maori-Busfahrerin die Fahrt (Hin- und Rück-Shuttle-Transport, weil kein Rundweg!) in unser Schicksal für die kommenden 6-8 Stunden, denn so lange dauerte im Schnitt die als „challenging“ (herausfordernd) eingestufte 19,4km Tongariro Crossing Wanderung durch das über 1000m hohe Vulkangebirge für Normalmenschen… Wir hofften zumindest, dass auch wir als nicht ganz so wanderbegabte Traveller das irgendwie meistern könnten! Zur Not gab es Rettungshubschrauber… Kurz nach Sieben fuhr der Bus los. Wir hatten extra den frühesten Transport gewählt um genug Zeit bis zur letzten Busrückfahrt um 16.30 Uhr zu haben. Mit uns waren noch fünf weitere Wanderer an Bord, die auf uns so wirkten als würden die alle solche Wanderungen täglich machen… Uh! Auf der Fahrt zum einige Kilometer entfernten Startpunkt erklärte die Fahrerin noch einige Dinge zum bevorstehenden Weg, zum Nationalpark und erläuterte die Karten, die wir alle vorm Einstieg bekommen hatten (Wegbeschreibung, Höhenprofil , Warnhinweise, Notfallnummern, Abfahrtszeiten). Interessant war die Geschichte um die Vulkane der Nordinsel: Der an der Westküste gelegene Mount Taranaki (eine Frau) stand vor vielen, vielen Jahren laut Maori-Überlieferungen eigentlich mitten im Zentralplateau zwischen all den anderen Vulkanen. Doch weil sich Ruapehu und Ngaurohoe, zwei Vulkanmänner und beide Feuer und Flamme für Frau Taranaki, ständig nur um diese stritten, machte Taranaki sich irgendwann aus dem Wege, zog an die Westküste um ihre Ruhe zu haben und hinterließ auf ihrem Weg eine tiefe Spur im Land, den Whanganui River. Außerdem konnte sie von ihrem neuen Platz aus noch immer ein Auge auf die beiden kämpfenden Männer werfen, wenn diese vor Wut mal wieder Aschewolken ausspuckten. Etwas anders fand ich diese Geschichte im Reiseführer wieder: Taranaki als Mann hatte eine Affäre mit der Vulkanfrau eines anderen Vulkanmannes im Zentralplateau, wurde beim Auffliegen dieser Geschichte fort gejagt, Whanganui River wieder als tiefe Spur der Wanderung und zusätzlich viele, viele radiär vom Mount Taranaki wegziehende Flüsse als Tränen. Wie dem auch sei, zumindest ist es doch lustig, wenn man sich vorstellt, wie ein ganzer Vulkanberg langsam und betrübt über das Land wandert und sich an einem fernen Küstenplatz wieder ansiedelt. Wir kamen auf dem Mangatepopo Carpark vor der Starthütte auf 1100m Höhe an, wo sich bereits etwa dreißig andere Wanderlustige auf den Weg begaben. Höchster Punkt des Tongariro Crossing lag auf knapp 1900m. Unter den Wandermenschen war sogar eine ganze Schulklasse (vielleicht 3. o. 4. Klasse)! Mensch, das mussten wir doch auch schaffen! Um 7.30 Uhr liefen Wolfi und ich los. Anfangs zwischen einer Schar anderer Wanderer, doch nach den ersten Kilometern (noch relativ flach) vergrößerten sich die Distanzen zwischen den Leuten. Jeder fand in sein eigenes Tempo hinein. Durch Lavafelsen ging es entlang kleiner Bäche durch Steppe leicht bergauf. Nach knapp 1,5h erreichten wir die 1350m hoch gelegenen Soda Springs Hütte, vor der die meisten Wanderer auf Steinen noch einmal Platz nahmen und Energie tankten. Denn jetzt folgte der harte Teil. Es ging hinauf zum South Crater, auf 1650m, und von dort gleich weiter auf den 1886m hohen Red Crater, den höchsten Punkt des Tongariro Crossing. Wir gingen diesen enorm steilen Teil, der im Schnitt 2h dauerte, ganz langsam an. Über Treppen oder über Steinwege ging es höher, durch schwarze Lavafelswände, während die Wolken langsam auflockerten und Mount Ngauruhoe immer öfter seinen leicht beschneiten, 2287m hohen Gipfel direkt neben uns zeigte. Wow, das war natürlich anstrengend, aber vor allem sehr beeindruckend. Und mit kleinen Verschnaufpäuschen ab und an durchaus machbar. Es boten sich bald enorme Aussichten über das Umland, das auf einmal so weit unter uns lag. Die Vegetation nahm ab, erlosch bald gänzlich, nur noch Steine, Sand, Lava und Vulkane um uns. Als der South Crater nach nur etwas mehr als 45min erreicht war, freuten wir uns. Von hier konnten besonders große Wander- oder Herr-der-Ringe-Fans sich noch auf einen 2h-Seitentripp zur Spitze des Mount Ngauruhoe machen. Auf Gesteinsschotter ohne festen Weg enorm steil nach oben. Machte man einen Schritt nach oben, rutschte man glatt einen halben wieder zurück… (Wir erfuhren im Nachhinein von einem Wanderer, der sich beim haltlosen Abstieg/-rutsch den Knöchel ordentlich verstaucht hatte.) Ich traute meinen Ohren kaum als Wolfi erwog, dies auch zu tun. Ne, ich war eindeutig für Kräfte sparen, wollte da keinesfalls mit hoch! Schließlich liefen wir beide weiter entlang des Hauptweges und betrachteten den schönen, perfekt konischen Schicksalsberg bloß von der Seite. Es ging einige Minütchen herrlich gerade über ein Plateau zwischen den Vulkanen und bevor der steilste Teil hinauf zum Red Crater nun folgte, gab es hinter einen Felswand noch eine wahnsinnige Aussicht auf unfassbare Vulkanlandschaften, die mit nichts zu vergleichen waren, was wir bisher gesehen hatten. Vielleicht kam die Mondoberfläche dem nahe?! Da ist uns glatt was eingefallen…
Den Weg zum Red Crater hinauf musste man eher klettern als wandern und dabei schon sehr gut acht geben. Steil und etwas gefährlicher als der Rest des Weges, aber auch das bewältigten wir ohne Verletzungen und standen bald ganz oben, wo in der mittlerweile warmen Sonne bei blauem Himmel schon so einige andere Wanderer saßen und sich von den Strapazen ausruhten. (Schnelle Menschen schafften den Tongariro Crossing durchaus in 4h… Wir ließen uns viel Zeit, wurden auch öfter überholt.) War toll hier oben! Wir hatten das Bergauf geschafft, standen nun zusammen als Geschwisterchen nebeneinander auf dem höchsten Punkt des schönsten Tageswalks Neuseelands! Hätte ich echt nicht gedacht! Es war Punkt Elf, 3,5h vergangen, etwa Halbzeit, wir lagen sogar prima in der Normalzeit! Wolfi gönnte sich einen Gapfel (Gipfelapfel), ich fotografierte wild umher. Von hier konnte man nun noch einen 2h-Seitentripp zum 1967m hohen Gipfel des Vulkans Mount Tongariro machen, was wir aber ebenfalls bleiben ließen. Noch unglaublichere Ansichten boten sich von einem nahe gelegenen Punkt: in einem Einschnitt zwischen den Vulkanen war eine überdimensionale, ausgussartige Lava-Deformation in rot-schwarzen Farbübergängen sichtbar. Hier musste bei einem Ausbruch irgendwann einmal die heiße Lava heraus gelaufen und erstarrt sein. Weiter unten war noch die schwarze Lava-Zunge auf dem Red Crater Plateau sichtbar. Krass! Einige Meter weiter blickten wir auf einer anderen Stelle über das Plateau, an dessen Seite sich die leuchtend türkisen Emerald-Lakes befanden. Dahinter stiegen duftende Schwefelwolken gen Himmel. Bei diesem Anblick spürte man es förmlich unter sich brodeln! Bloß Lavastein und Sand weit und breit! Auf und zwischen Vulkanen! Hui! Und da ganz in der Ferne ließ sich tatsächlich der entflohene Mount Taranaki ausmachen! Haben lange geguckt und gestaunt. Dann hieß es 15min bergab! Mit begeistertem Blick über die hervor stechenden Emerald Lakes schlitterten wir in Windeseile einen wahnsinnig steilen Hang hinunter, überholten dabei viele andere Wanderer, die sich zum Teil mit diesem Abhang aus losem Geröll sehr schwer taten, wieder und wieder fielen. Hier geschahen laut Busfahrerin-Erklärung auch die meisten Unfälle. Doch wenn man den Dreh raus sowie gute, mindestens knöchelhohe Bergschuhe an hatte, konnte man in Inlineskate-ähnlichen Bewegungen dort super toll und blitzschnell hinunter skaten. Hat uns zumindest richtig Spaß gemacht!
Am Ufer der Emerald Lakes haben wir es uns in einem sesselartig geformten Stein in der Sonne bequem gemacht um unsere Sandwiches zu mampfen und den sich herab quälenden Leuten weiter zuzuschauen. Diese intensiv farbigen Seen, dieser gelb-sandige Untergrund, die schwarzen Lavabrocken und roten Felswände – das war schon eine faszinierende Umgebung für ein Lunch! Wow! Nach der Überquerung des Kraterplateaus ging es noch einmal kurz leicht bergauf über das Blue Lake, einen weiteren, etwas größeren See, nach welchem es schließlich aus 1750m Höhe auf einem knapp 10km langen Weg nach unten ging. Das Bergab auf den Endparkplatz war mit 3-4h bemessen. Von 1750m herab auf ca. 750m! Unser anfängliche Freude über das ach so leichte Bergab trübte sich jedoch nach einigen Kilometern. Erst war es einfach nur schön, endlich der Schwerkraft folgend hinab zu gehen, zumal das Weggefälle um die Außenwand der Berge angenehm sacht war. Der Weg war ordentlich geschottert, ab und an Treppen eingebaut und die Ausblicke nun wieder über Landschaften mit Bäumen und Seen auch schön. Neben uns tauchten wieder Steppengräser und Pflanzen auf. Juhu! Doch nach drei Kilometern wünschten wir uns bereits, wenigstens mal wieder ein kleines Stückchen gerade aus oder gar bergauf zu gehen oder am allerbesten schon im Bus zu sitzen… Das ging so auf die Knie, die kleinen Zehe stießen immer wieder im Schuh vorn an… äh, es war einfach nicht schön ausschließlich bergab zu schreiten und der eben noch so herrliche Ausblick änderte sich ja eigentlich auch gar nicht mehr. Hatten wir jetzt alles schon lang genug gehabt. Wir fanden, es reichte! Nach knapp 5km Bergab kamen wir an die Ketetahi Hütte auf 1400m. Erst 350m waren wir seit dem Blue Lake abgestiegen, noch immer fehlten 650m! Ein Schild gab 6,4km bis zum Parkplatz an, etwa weitere 1,5h nach unten! Wir schmissen uns erst einmal auf den bevölkerten Balkon der Hütte, warfen die Schuhe von uns und ruhten uns aus. Zeit für meinen Gapfel (eigentlich wäre jetzt der Begriff „Bapfel“ für Bergab-Apfel wohl richtiger) und viel Wasser. Dann ging es weiter und weiter und weiter nach unten, im Zickzack gaaaanz langsam. Nur allmählich wurden die Bäume größer, kam der Boden näher. Wir pausierten immer wieder kurz, verfluchten das blöde Bergab. Dass gerade dieser Teil uns nun so gar keinen Spaß machte, hätten wir nicht geglaubt. Irgendwann erreichten wir endlich schattigen Wald. Ein Flüsschen begleitete uns auf den letzten drei Urwald-Kilometern, die einfach nicht enden wollten! Die Zehen schmerzten noch mehr und wir erhöhten trotzdem noch einmal das Tempo als wir bemerkten, dass hinter uns drei der Wanderer aus unserem Shuttle-Bus liefen und bedrohlich nahe kamen. Eine Frau war darunter, die wir aufgrund ihres Kopftuches einfach „Tuchfrau“ nannten. Nein, wir wollten vor denen ankommen – vor der Tuchfrau und ihren Profi-Wandergefährte. Ein geheimer Wettlauf begann, von dem unsere Gegner nichts ahnten. Streckenweise sprinteten wir sogar noch einmal schreiend über Stock und Stein als würden wir von unsichtbaren Monstern verfolgt. Dabei war es bloß die Truppe um die Tuchfrau, die sich vielleicht schon wunderte, warum wir immer wieder davon eilten, wenn sie heran nahten. Und die letzten zwei Kilometer zogen sich und zogen sich wie kein anderes Stück des Weges… Wir gewannen – knapp, aber wir gewannen!
Da lichtete sich plötzlich – endlich – der Wald. Hütte und Parkplatz erschienen vor uns! Jippi, wir waren draußen, hatten die 19,4km geschafft – und das tatsächlich knapp vor der Tuchfrau, die sich nach ihrer Ankunft zusammen mit ihren Kumpanen neben uns auf dem Parkplatz sitzend sogleich ihre Profi-Kniebandagen abwickelten! Ha, das hatten wir ohne solchen Schnickschnack gemeistert und schneller noch als ihr…!
(Wahrscheinlich hatte die Dreiertruppe um die Tuchfrau noch einen kleinen extra 2h-Seitentripp auf einen der Vulkanspitzen in der selben Zeit gemacht, in der wir bloß den normalen Hauptweg gelaufen waren… doch das zählte nicht und das würden wir die auch keinesfalls fragen! Interessierte gar nicht! Wir waren etwa eine dreiviertel Minute vor ihnen auf dem Parkplatz angekommen und nur das zählte! Gewonnen!
). Nach höchstens fünf Minuten Wartezeit kam auch schon unsere Busfahrerin mit dem Shuttle angerollt. Es war halb Vier. Wir bestiegen den mittleren und nicht den letzten der drei Shuttlebusse zurück ins Whakapapa Village, die ab halb Drei stündlich fuhren (außerdem extra noch auf Anruf, falls man keinen der regulären Busse schaffte). Wir hatten genau 8h gebraucht, obere Normalzeit und mit guten Pausen! Hatten den Walk geschafft, bei guter Laune und bis zum Ende frohen Mutes. Es war toll (gut, das letzte Stück verdrängen wir einfach aus den Gedanken) und wie alle anderen es uns schon empfohlen haben, können wir diese Wanderung ebenfalls uneingeschränkt an jeden Reisenden weiterempfehlen. Hat sicher den Ruf als besten Tageswalk nicht umsonst!!! Solche Vulkanlandschaften sind einzigartig und noch ganz anders als die Alpenberge! Und auch hier hatte uns Neuseeland noch einmal bestes Wetter gegönnt! Eigentlich hat Neuseeland es mit dem Wetter bei fast all unseren größeren Unternehmungen unserer Reise stets sehr gut gemeint! Danke dafür, du netter, neuseeländischer Wetterfrosch!!! Das ist keine Selbstverständlichkeit in diesem Land! Im voll beladenen Bus wurden wir (Schuhe weit auf… guuut!) 30min bis zurück zu Joy kutschiert, die wieder einmal brav auf uns gewartet hatte. Bissl frisch gemacht, umgezogen und schon waren wir wieder unterwegs. Waren gar nicht allzu kaputt und fuhren deshalb noch ein Stückchen weiter, gönnten uns in Turangi, der Stadt am Lake Taupo, in der wir damals auch schon kurz gestoppt hatten, stolz auf unsere gemeisterte Vulkan-Wanderung, ein dickes TipTop-Kugel-Eis (Wolfi: Cookies and Cream & Hokey Pokey, ich: Cookie Dough & Yoghurt Strawberry… hm, wir lieben diese Sorten hier!). Da die Schwimmbadsuche in Turangi erfolglos blieb, fuhren wir fünf Kilometer weiter, wo wir in einem ganz unscheinbaren Örtchen tolle Hot Pools entdeckten, gespeist aus natürlichen heißen Quellen. Fast wie in Rotorua dampfte und blubberte es auch in Tokaanu aus einigen Hintergärten sowie dem Gelände des Schwimmbades aus heißen Quellen. Gegen 6$ pro Person wurden wir eingelassen. Statt eines erwarteten Indoor-Swimmingpools standen wir in der Dämmerung vor einem einfachen, viereckigen, hellblau beleuchteten Außenbecken mit angenehm warmem Wasser und nicht einer Menschenseele darin! Wow, da bekamen wir einen großen, warmen Privatpool ganz für uns allein. Genau das richtige nach diesem körperlich beanspruchenden Tag! Wir trieben nur so vor uns hin, nichts tuend, während die Sterne gegen halb Sieben über uns am Himmelszelt erschienen. In warmem Wasser unter klarem Nachthimmel! So schön! Nach einiger Zeit stiegen fünf ältere Leute zu uns, mit denen wir ein wenig plauderten. Bis auf eine Dame kamen alle aus der Gegend und waren ganz nett, schienen sich über unsere Gegenwart zu freuen und trieben immer wieder nahe an uns heran um sich zu unterhalten. Wie der Zufall mal wieder spielte, kam die einzige nicht-neuseeländische Dame aus Melbourne und hatte ein paar Insider-Tipps für uns parat.
Nach und nach stiegen nun auch Jugendliche in das Becken, das irgendwann doch ziemlich voll wurde kaum mehr Ruhe und Entspannung bot. Eine Amerikanerin sprach uns an, weil sie uns vom Tongariro Crossing wiedererkannt hatte. Wir unterhielten uns noch ein wenig mit ihr und verließen gegen Acht sauber und erholt das Bad. Echter Geheimtipp: nach dem Tongariro Crossing zum Entspannen in Tokaanus Hot Pools unter Sternenhimmel!!! Am Hafen des kleinen Ortes, direkt am Lake Taupo, fanden wir einen schönen Schlafplatz und fielen sehr bald ins Bett. War echt ein toller Tag!
Am Donnerstag erwachten wir bereits gegen 7.00 Uhr, Nebel über dem größten See des Landes, Blau und morgendliche Sonne am Himmel, kaum Muskelkater in unseren Beinen. Schöner Morgen! Wir waren nach einer durchschlafenen Nacht der Ansicht, dass wir den gestrigen Track durchaus noch einmal laufen würden, falls wir irgendwann wieder nach Neuseeland kämen. Das soll was heißen! Gegen Neun nahmen wir Fahrt auf. Weg vom Lake Taupo, durch weiche, grüne Weidelandschaften ging es bis Taumarunui, von wo aus wir um einen geschenkten Teppich reicher (aus Secondhand-Shop, um Joy ordentlicher zu machen) und nach etwas Internet über eine weitere alte Straße zurück an die Westküste zum vor langer Zeit entflohenen Mount Taranaki wollten. Der „Forgotten World Highway“ (Highway 43) führte 155km entlang eines Flusses durch eine Umgebung aus unendlichen Weidehügeln, durchzogen von alten Farmhütten aus Holz und Blech. Überall Schafe, Kühe, auch mal Schweine, Ziegen, alle zig Kilometer wieder kleine Ansiedlungen aus vergangenen Zeiten. Mehr und mehr hielt der Herbst Einzug, färbte Laubbäume am Wegesrand gelb und rot. Sehr, sehr schöne Umgebung. Und wieder musste man für diese verträumte Straße viel Zeit mitbringen. Es ging durch einen urigen Tunnel, wir hielten an einem Fluss unter Pappeln, deren zu Boden gefallenes Laub herbstlich duftete. Kurz darauf nächster Halt hinter einer Brücke, wo einige Meter in den Wald hinein ein Grabstein stand, sowie weitere Stopps auf verschiedenen Lookout-Punkten hoch über dem grünen, weiten Land. In Whangamomona, einer 40-Anwohner-Geisterstadt auf der Hälfte des Weges, gab es ein historisches Hotel mit Kneipe, und tolle Farben durch ein interessantes Sonne-Wolken-Spiel. Sogar der zunehmende Mond tauchte hinter den Hügeln bereits auf. Nach etwa 5h waren wir kurz vor Stratford und Mount Taranaki, auch Mount Egmont genannt, tauchte erstmalig zwischen den Wolken auf. Kegelförmig und mit Schnee auf dem oberen Drittel stand er dort einfach so ganz allein im flachen Westküstenumland. Toller Anblick! Stratford war seit längerem nun wieder eine größere Stadt, vor dessen Shell wir im Licht der Strahler Abendbrot machten und unsere leeren Wasserflaschen auffüllten. Sogar ein Waschsalon ließ sich auf Anhieb finden, wo wir bis nach Acht drei Maschinen dreckiger Klamotten durchrumpeln ließen! Das war echt nötig! Keine Ahnung, wann wir zuletzt gewaschen hatten, aber beide hatten wir kaum mehr Unterwäsche oder Socken übrig! Leider schloss der Laden nach den Waschdurchgängen, sodass wir uns mit ungetrockneter Wäsche im Gepäck noch für die Weiterfahrt bis ins 40km entfernte, 50000 Einwohner beherbergende New Plymouth entschieden. Der links von uns liegende Mount Taranaki ließ sich in der Dunkelheit bloß erahnen. Kurz nach Einrollen in die Stadt prangte das leuchtende, gelbe M uns feierlich entgegen. Genau das, was wir jetzt brauchten! Im Warmen sitzen, mit Internet umsonst. Ab in den McDonalds! Ein freundlicher, alter Anwohner begann ein Gespräch, erzählte uns vom Vulkan, der Taranaki-Region und angekündigtem schlechten Wetter. Nach Ladenschluss fuhren wir einige Kilometer zurück und fanden nach etwas Irren gegen halb Eins einen Schlafplatz direkt am Highway gegenüber des Lake Mangamahoe, in welchem sich bei klarer Sicht Mount Taranaki am frühen Morgen sehr schön spiegeln konnte. Noch nahm ich Wolfis Androhung, er würde mit mir am kommenden Morgen ganz früh zur Mount Taranaki Besteigung aufbrechen, nicht ernst…
06.48 Uhr, Wolfi: „Der Berg ruft! Komm, raus! Ich will da wirklich drauf, den Krater sehen!“. Ne, oder? Ich lachte nur: Wolfi doch nicht, außerdem draußen total grau bewölkt und Mount Taranaki nicht einmal annähernd sichtbar. Keinesfalls! Doch er meinte das ernst! Schnell versuchte ich noch mein Glück mit der Spiegelung am See. Es war absehbar, dass dies nicht funktionieren konnte, wenn ja nicht einmal der Berg ohne Spiegel sichtbar war. Nach einem eiligen Frühstück und Toastbrotkauf an einer teuren Mini-Tankstelle am Wegesrand (waren überhaupt nicht für eine 8-10h-Vulkankraterbesteigung ausgerüstet) fuhren wir hinauf zum North Egmont Visitor Centre. Die Info-Frau sagte, dass wir bis zur Hütte auf über der Hälfte des Vulkans ganz sicher kommen würden und danach abhängig von der aktuellen Wetterlage selbst entscheiden müssten, ob wir uns weiter wagen. Mount Taranaki war laut Reiseführer der meist bestiegene und zugleich gefährlichste Berg des Landes, an dem schon einige Touristen ihr Leben gelassen hatten, weil sie die Verhältnisse unterschätzt hatten. Binnen Minuten kann es aufgrund der Küstenlage von blauem Himmel direkt in dichte Wolken und Sturm mit Sichtweiten unter 5m, Schneefällen und -15°C umschlagen. Huh! Wolfi wollte hoch! Wir zogen uns an, packten Klamotten für alle Wetterlagen ein und das, was wir an Essen so finden konnten. Vom Visitor Centre (950m Höhe) stapften wir Dreiviertelneun nach Eintrag in das Bergbuch (Namen, Autokennzeichen, Handynr., geplante Route und Unterschrift bei Rückkehr) los. Es ging steil bergauf, nur steil bergauf. Kein Wandern wie am Tongariro, sondern wirklich einfach nur steil hoch in Richtung Gipfel auf 2518m Höhe kriechen, klettern, was auch immer! Ich hing schnell durch, Wolfi hatte aus geheimer Quelle ungeahnte Energien für den Krater! Himmel grau, teils ordentliche Windböen, ab und an blitzte der obere Teil des Taranaki unter blauem Himmel auf. Gott, war das hoch! Selbst die Hütte lag noch Welten über uns. Mit Pausen alle paar Meter schlichen wir nach oben, Wolfi immer ein Stück vor mir. So kannte ich das nicht! Sonst war ich immer vorn! Auf einer Bank, mittlerweile über den grauen Wolken und über der Waldgrenze, nahte ein anderer Wanderer von unten heran. Na, den kannten wir doch! Es war Nico, ein Typ, der mit uns ganz am Anfang in Auckland in der City Garden Lodge gewohnt hatte. Auch er erkannte uns gleich wieder. Lustig! Diese Wanderung sollte seine letzte vor Abflug werden. Er war fest überzeugt, den Krater zu erreichen und viel schneller unterwegs als wir. Hatte sowas schon öfter gemacht und stieg mit einer Leichtigkeit vor uns hinauf, von der wir nur träumen konnten. Naja, so nach und nach, unter zunehmend Wind und Wolkenfeuchte, kamen wir zu dem Entschluss, dass die Hütte für’s erste auch genügte. Vielleicht noch ein Stückchen von dort weiter, aber der Krater rückte gedanklich in weite Ferne, zumal die Wetterverhältnisse wirklich nicht besser wurden! Als die Hütte auf 1520m erreicht war, schmissen wir uns im witterungsgeschützten Vorräumchen auf eine Bank, aßen und tranken und schauten durchs Fenster dem grauen, windigen Treiben am Berg zu. Armer Nico! Der war wirklich auf dem Weg nach ganz da oben! Hoffentlich würde er auch wieder heil hinunter kommen und rechtzeitig vor Dunkelheit… Zwei nette Schotten leisteten uns kurz Gesellschaft, entschieden sich auch, nicht höher zu gehen. Ebenso etwas später noch drei ältere Wanderer. Im Vergleich zum Tongariro Crossing war dieser Gipfelweg am Taranaki fast menschenleer! Jeder bestätigte das schlechte Wetter und wollte nicht höher. Nach langer Pause machten wir uns dick eingepackt und voller Unlust wieder ans Herab. Die Beine taten von diesem ausschließlich steilen Dauerbergauf bereits weh, das Bergab graute uns schon jetzt. War auch wirklich nicht doll, aber von Pause zu Pause, mal rückwärts, mal seitwärts gehend und in Gedanken bei dem, was wir Zuhause wohl so als erstes machen und vor allem essen würden, kamen wir irgendwann doch wieder unversehrt auf dem Parkplatz an. Waren viel geschaftter als nach dem Tongariro und das nach nur 3h dieses Mal! Immerhin 600 Höhenmeter hoch und wieder runter! Wir trugen uns aus dem Bergbuch aus, würden keinen Suchtrupp brauchen, und stellten fest, dass auch Nico sich dort eingetragen hatte. Na, dann würde er da schon wieder runter kommen… irgendwie. Wir drückten ihm die Daumen, schmissen uns in trockene Klamotten und waren echt kaputt. Haben den Taranaki beklettert, zwar ohne Krater, aber mit gutem Willen. Außerdem sieht der aus der Ferne eh schon gut genug aus! Gibt ja im Internet Fotos vom Krater.
Wir fuhren zurück nach New Plymouth, erledigten den Einkauf und stürzten uns auf eine weitere dringende Sache: Joy waschen, saugen, aufräumen und endlich die Fotos für den Verkaufsflyer machen. Wenn auch schweren Herzens, aber mit nach Hause nehmen könnten wir sie ja eh nicht! Den restlichen grauen, aber trockenen Nachmittag verbrachten wir mit dieser doch schon aufwendigeren Großaktion. Krass, wie viel Kram wir doch in Joy unterbringen konnten! Unglaublich als der bunte Berg Allerlei da plötzlich neben dem leeren Auto lag! Irre! Resultat der Session: eine glänzend saubere Joy und ganz annehmbare Fotos! Endlich war das hinter uns gebracht! Es ging uns gleich viel besser! Da noch immer unsere Wäsche nass in Beuteln lag und immer wieder das gesamte Auto von innen eklig feucht werden ließ, fuhren wir gleich noch einen Waschsalon an und trockneten bis in die Dunkelheit. Gegen Acht konnte zumindest ich kaum mehr die Augen offen halten, war mega geschafft, muskelverkatert und todmüde! Wolfi wollte unbedingt duschen und einen Schlafplatz hatten wir auch noch nicht, irrten durch die Stadt. Es wurde Neun. Vor einem geschlossenen Schwimmbad trafen wir einen bissl irren, deutschen Typen namens Sven, der uns von seinen einfallsreichen Ideen für Neuseeland berichtete. Wir setzten uns kurz mit ihm auf eine Parkbank und erfuhren, dass Neuseeländer hinsichtlich Partys und Feiern echt Potenzial hatten, nur nicht wussten wohin damit. Neuseeland bot enorme Möglichkeiten, überall gab es genügend Freaks. Daraus musste bloß was gemacht werden… Tja, und das wollte er als Eventmensch nun in die Hand nehmen. Er plant irgendeine Tour ab kommenden Januar durch 13 Städte Neuseelands mit DJ, Freaks und sogar einem Film darüber. Aha! Na da! Er als Koblenzer liebe außerdem die Ossis, dieses nette und lockere Völkchen, und hatte auch glatt noch einen Tipp für einen Meerschlafplatz mit kalter Stranddusche für uns parat. Nachdem wir uns von ihm losgerissen hatten, steuerten wir den Parkplatz hinterm prominenten Paritutu Hill etwas außerhalb der Stadt an. Ich fiel sofort ins Bett und bekam kaum mehr mit als Wolfi von der Dusche zurückkehrte. So schnell ging das mit dem Einschlafen lange nicht!
Am Sonnabendfrüh starker Regen, wie auch schon in der Nacht. Gegen 08.30 Uhr ließ der Wolkenbruch nach und stiegen wir bei grauem Himmel und ebensolcher Stimmung aus dem Bett. Gegen Zehn waren wir in der Stadt, wieder Regen. Internet in der Bibo das einzige, was bei so einem Wetter ging. Und es brachte Erfolge: Joys offizieller Verkaufsstart am 16.04.2011 um 12.35 Uhr auf TradeMe (sowas wie ebay in NZ), Kategorie: Campervans & Motorhomes, Preis: 3400$ (Verhandlungsbasis), Ort: Auckland City, Angebotsende: 14d (also am 30.04.2011). Seht selbst: Joy auf TradeMe. Kosten für die Annonce: 39$. Sollte ein Käufer Interesse zeigen, kann er sofort kaufen, muss natürlich nicht erst bis zum 30.04. warten! Da stand nun Joys komplette, ausführliche Beschreibung drin inklusive etlicher Fotos. Hatte Wolfi super gemacht! Der Verkauf musste so einfach klappen, auch wenn momentan nicht gerade Anreise-Hochsaison war. An ihr funktionierte wirklich alles! Sie lief super und war noch immer top in Schuss, sogar etwas sauber jetzt! Sieben Monate hatten wir fast ausschließlich in ihr gelebt! Gute Joy! Klar hätte sie ab und an gern größer sein können (Essen und Sitzen drinnen, wenn es draußen kalt ist und regnet), aber es ging immer irgendwie. Wir sind noch immer quick lebendig und gut gelaunt, sind nie todsterbenskrank unterkühlt oder durchnässt worden und in so manchem Wohngebiet, in dem wir in ihr gut getarnt geschlafen haben, nicht aufgeflogen, wo jeder größere Van sofort verscheucht worden wäre. Ja, und während Wolfi an dem Angebot bastelte und auch die sieben Monate zuvor stets viel Energie und Bastelfreude in Joy gesteckt hatte, kaufte ich uns am Bibliotheks-PC Tickets für den Burj Khalifa, den höchsten Turm der Welt in Dubai. Am 11.05. werden wir um 18.30 Uhr hinauf auf die Aussichtsplattform fahren – genau abgepasst zum Sonnenuntergang, sodass wir die Stadt von oben hoffentlich im Hellen, während des Sonnenuntergangs sowie im Dunkeln erleben würden, wenn dann auch noch die leuchtenden Wasserspiele beginnen. Das ist das, was ich gut kann und gern mache: Recherchieren, organisieren und schauen, wie und was und wo, damit wir überall heil und pünktlich ankommen, dabei möglichst etwas sparen und alles sehen. Statt 80€ p.P. vor Ort zahlen wir für im Vorabkauf bloß 20€ p.P.
Jeder machte auf unserer Reise irgendwie seinen Teil. Auch wenn wir oft gestritten haben, hat es irgendwie insgesamt gut geklappt! Und so langsam ging es Richtung nach Hause. Jede Reise geht zu Ende und das ist auch gut so. Gegen weitere zwei Monate hätten wir natürlich auch nix, aber wir freuen uns schon auf Zuhause. Manchmal war es ziemlich merkwürdig, wenn man hier so in einer ganz anderen entfernten Welt sitzt und von euch dort drüben hört, wie das Leben weiter läuft, welche Dinge sich verändern, was geschieht. Manchmal wünscht man sich dann sehr, auch dabei zu sein, bedauert, es nicht zu können. Manchmal ist man aber auch doch froh, weit weg zu sein… Hat alles seine Zeit, seine Vor- und Nachteile! Wir sind überzeugt, dass wir es so insgesamt aber sehr richtig gemacht haben! Bald geht es zurück: komisch, traurig und schön zugleich! Keine Ahnung, wie das Wiedereinleben wird, aber werden wir ja bald sehen!
Nachdem wir die Bibliothek verlassen haben, noch immer Schmuddelwetter. Trotzdem gab’s ein Eis und noch für ‘n halbes Stündchen ab in die angeblich so schöne Govett-Brewster Art Gallery. Highlights: 1.) im Zebrakostüm in ein Aborigine-Riesenlufthüpfkissen mit Höhle im Inneren, die ebenfalls komplett im schwarz-weiß Streifenlook war. Äußerst komisch, leider ohne Fotos dieses Mal. 2.) Boot bauen aus Pappe, das man dann zu einem Raum voller anderer großer und kleiner Pappboote stellte und somit aktiv an einem Kunstwerk teilgenommen hatte! Noch vor der Kunstgalerie folgte Joy-Verkaufsvorbereitung Teil 2: mit weißem Klebeband schrieben wir nun „4 Sale“ sowie meine Handynummer auf die Heckscheibe. Merkwürdige Zierde! So ähnlich hatten wir sie damals auch erworben. Dann fuhren wir gegen Vier noch weiter. Die Zeit drängte und ich wollte unbedingt einmal um den Mount Taranaki entlang des Surf-Highway 45 fahren. Auch wenn es schon ziemlich spät war und man vor grauen Wolken keinen Vulkan sah, fuhren wir den Weg, legten drei Stopps ein. Cape Egmont mit hübschem Leuchtturm (wurde 1881 aus der Nähe Wellingtons nach hier versetzt) über grünen Weideflächen und -hügeln mit lustigen Kühen im Sunburst-Look darauf war nun auch besucht und stellte sich während unserer Anwesenheit in zunehmend überwältigenderem, warm orangenem Licht der absinkenden Sonne dar, die ab und an nun doch mal zwischen den Wolken nahe des Horizonts über der Tasman Sea aufblitzte. Einsame, ländlich grüne Gegend am Meer. Als 5.55pm dann die Sonne unterging erreichten wir gerade einen Lookout auf den Felsen am Meer hinter Opanake. Jedoch schoben sich wieder dicke Wolken zwischen, sodass vom Sonnenuntergang wenig übrig blieb. Dachten, Albatrosse direkt über uns erblickt zu haben. Dann ging es weiter, wollten die Runde um den Vulkan noch beenden, aber ab Opunaka etwas abkürzen. Statt im Halbkreis weiter entlang des Surf-Highways entschieden wir uns für gerade durchs Land über kleine Landsträßchen zwischen Weiden direkt nach Osten nach Stratford. Dies geschah in Begleitung von cooler CCR-Musik in Dämmerung und Dunkelheit. Im Nu war Stratford erreicht, sodass wir gleich auch noch einmal nördlich bis New Plymouth weiter fuhren. Surf-Highway-Vulkan-Umrundung (150km) binnen dreieinhalb Stunden abgehakt und wieder vorm McDonalds in New Plymouth!
Ich begab mich mit McDonalds Cappuccino an diesen Text hier. Wolfi saß bis Zwölf im Auto und hatte bei meiner Rückkehr sämtliche Lieder der CCR-CD halbwegs auf der Gitarre drauf!
Wir fuhren an den Fitzroy Beach von New Plymouth, von dem wir dank Ideen-Sven wussten, dass es hier ebenfalls Duschen, Toiletten gab und Übernachten geduldet wurde. Um Eins ab ins Bett! Joy hatte bereits über 30 Besucher auf TradeMe.
Am Morgen des heutigen Sonntags schrieb ich weiter Blog als Wolfi duschte und richtete anschließend noch eine extra Homepage für Joys Verkauf ein als ich dann duschte. Es war nicht mehr allzu grau am Himmel, der nächtliche Regen verschwunden, Sonne-Wolken-Wechsel und viel Wind. Kite-Surfer sausten über die Wellen hinter dem schwarzen Sandstrand, Spaziergänger schlenderten über die schöne Promenade, in der Ferne war das Zentrum von New Plymouth sowie die Sugar Loaf Islands Felsen im Meer zu erkennen. Wirklich tolle Gegend. Der 7km Coastal Walk entlang der Promenade zählte angeblich zu einem der schönsten Meeresspaziergänge der Welt. Doch wir mussten weiter, vorher noch einmal ins McDonalds Internet. Seht Wolfis neueste Kreation: www.joy4sale.tk (Entsprechend klebt er gerade draußen die Heckaufschrift um.) Und meine lest ihr ja gerade! Mal wieder viele Sonntag-Mittagessen mampfende Familien hier in der Edel-Fastfood-Filiale von New Plymouth um uns herum… Tja, so ist das hier! Ist bereits kurz nach Zwei, in knapp vier Stunden wird es dunkel und heute wollen wir wirklich noch weiter Richtung Norden. Auckland ruft und noch einiges zu besuchen auf dem Weg! Ganz viele Grüße und bis bald, eure Tini und euer Wolfi! (Ja ja, die Fotos… das dauert noch… zu viel zu tun gerade…)
Hallo meine Lieben,
Hab zum Lesen fast genauso viel Zeit gebraucht, wie ihr für den Tongariro crossing walk!
Auch in good old Germany gibt es Berge, die auf euch, vor allem auf Wolfi, warten.
Bis demnächst, gute Fahrt