Am Dienstag haben wir uns nach dem Hof-Früstück mit Kerstin zu Fuß in Richtung Innenstadt begeben. Durch die kleinen Shops des viktorianischen Parnell Villages, weiter zu dem Asia-Markt, dessen Fischtheke mich schon letztens so dolle begeistert hatte (Fische mit fast kopfgroßen, blutunterlaufenen Augen) und auf die Queenstreet. Kerstin, von uns aufgrund gewisser Ähnlichkeiten auch des Öfteren und ohne Widerspruch ihrerseits als Katja gerufen, kannte hier einen kleinen, schicken Sushi-Shop, in dem wir uns zwei, drei leckere Röllchen als Mittagssnack gegönnt haben. Bloß Wolfi, der unsere Schlendereien sehr gut mitgemacht hat, blieb beim altbewährten Pie. Nach unserem Supermarkt-Einkauf wählte er den Bus zurück, bot zu unserer Freude an all unsere Einkäufe mitzunehmen. Katja-Kerstin und ich liefen zurück, quatschten nebenbei viel. Schade, schade, dass wir sie nicht schon früher getroffen hatten! Sie ist wirklich ganz lieb. Hätten auf einem Stück gemeinsamer Reise bestimmt viel Spaß gehabt! Dafür versprachen wir ihr, sie an der Müritz mal besuchen zu kommen… Auf’m Fahrrad im Bikini 2min bis an den See, gell?!
Cool! Die Jungs hingegen haben unsere Einladung, uns im Hostel besuchen zu kommen, irgendwie nicht so ganz für ernst genommen. Wie es schien, würden wir Felix und Marian doch nicht noch einmal treffen. Schade, hätten uns schon gefreut! Im Hostel haben Wolfi und ich uns für den kommenden Tag abreisefertig gemacht (duschen, waschen, packen, letzte Dinge im Internet checken). Gegen Abend hieß es dann wieder Beisammensein im gemütlichen Ründchen. Hier kam auch unser Einkauf ins Spiel: Kerstin und ich teilten uns zwei Fläschchen Wein, Wolfi hatte Bier. Wir unterhielten uns noch einmal lange mit Anne, von der wir uns am späteren Abend umarmend und von der Straße aus winkend verabschiedeten. Sie flog zurück gen Auroville nach Indien, mit mehrtägigem Zwischenstopp in Malaysia. Auch nach Indien bestand nun eine Einladung für uns.
War ein ganz lustiger Abend mit Katja
Und nach Zwölf ging es zum letzten Mal ins Hostelbettchen der schönen City Garden Lodge.
Am Mittwoch frühes Aufstehen, Gepäck in der Aufbewahrungsecke abstellen und mit dem Bus (ein Umstieg und über eine Stunde Fahrt durch die große, volle Stadt!) zu zweit ab nach Mangere. Dort wartete ab 10 Uhr unser Miet-Campervan auf uns. Wir trafen pünktlich ein. Nachdem die Kreditkarten-Zahlung beim zweiten Anlauf zum Glück noch geklappt hat (mit höchster Versicherungsstufe $330 für 5d) und wir uns zum Kennenlernen unseres zukünftigen Gefährts eine Demo-DVD angesehen hatten, durften wir den weißen Backpacker-Van (Mitsubishi L300) besteigen. Hui, war das im Vergleich zu Joy ein geräumiges Ding! Mit kleiner Küchenzeile, einer Couch, die ausgeklappt als Doppelbett fungierte, drei Sitzen in der Front und zu Wolfis Freude einer Gangschaltung, die anfangs nach so langem Automatikfahren, doch sehr, sehr ungewohnt für ihn war. Auf ging es, über Aucklands Straßen! Man fühlte sich glatt wie in einem Bus und plötzlich noch einmal so frei! Juhu, wir hatten wieder ein Autochen!!! Erste Fahrt führte uns ganz spontan und wie damals schon mit Joy auf den One Tree Hill, einen der Stadtvulkane Aucklands mit super Aussicht über das weite Umland! Lustig, dort noch einmal hochzufahren und ebenso schön wie vor sieben Monaten! Wir nannten den Van “Katjuscha”. Anschließend ging es zurück ins Hostel, Gepäck einladen und mit der lieben Katja noch einen Auf-Wiedersehen-Tee trinken. Sie winkte uns von der Straße nach bis wir außer Sichtweite waren. Och, wirklich so eine nette! Hat auch was, mal im Hostel unterzukommen! Ganz andere Begegnungen geschehen dort im Vergleich zum on-the-Road-Reisen. Unerwartet verfiel ich kurz vor Verlassen der Stadt in einem der kleinen Parnell-Shops noch schnell einem Blitzkauf: neue Greenstone-Kette, ganz ähnlich meiner ersten, aber bloß 40$. Hoffentlich entschied sich der neue Stein zu bleiben… Wir verließen Auckland City, schlugen die westliche Himmelsrichtung ein und gingen noch einmal auf kleine Reise ins richtige, wilde Neuseeland. Dass wir tatsächlich nach nur 30km an abgelegenen Ortschaften und verlassenen Stränden landeten, die ebenso hätten an der herrlichen Westküste der Südinsel liegen könne, damit hatten wir nicht gerechnet! Obwohl wir schon mit der Reise abgeschlossen hatten, war es nach nur wenigen Tagen Großstadt fast wie ein neuer Aufbruch in fremde Welten! Nach kurzem Halt am Supermarkt der Blockhouse Bay, wo wir neben allernötigsten Besorgungen (Geschirrhandtuch, Küchenrolle, Brot) von einem Einheimischen sogleich auch noch dessen zwei Lieblingsplätze an der Westküste Aucklands empfohlen bekamen, staunten wir fast wie zu Beginn unserer Reise noch einmal über den dunkelgrünen, verzauberten Urwald, die einsamen, wunderschönen, unberührten Strände, belagert von unendlich vielen Muscheln, Felsen und Treibholz und war es als würden wir fast noch einmal zum ersten Mal das Rauschen und den Duft des Meeres wahrnehmen, die dschungelartigen Klänge der neuseeländischen Vogelwelt hören. Vom Strand sahen wir bei angenehm leichtem Nieselregen schleierartige Dunstwolken zwischen den bewaldeten Hügeln des Hinterlandes aufsteigen… Alles war so… Natur, so friedlich, so ruhig, so rein… Wir waren noch einmal in die Freiheit entflohen nachdem wir schon damit abgeschlossen hatten. Westküsten-Wildnis nur wenige Kilometer neben der größten Stadt des Landes. Wahnsinn! Auch Katjuscha gefiel uns, bot uns ausreichend Platz um selbst bei Regen gemütlich und trocken zu sitzen, bereitete mit seiner Kraft und der manuellen Schaltung insbesondere Wolfi großen Spaß. Mit einem Strahlen flitzte er zu CCRs “Lookin’ for a job in the city…” entlang der schmalen, schlängeligen Urwaldstraßen. Juhu! Queen Charlotte Drive nahe Picton, Westcoast und Fjordland, all das schien noch einmal an uns vorbeizuziehen. Ja, das mit Katjuscha hatten wir richtig entschieden! Lustig war, dass wir dieses Mal aufgrund des großen, blauen Mietfirmen-Aufdrucks “Backpacker” eindeutig als Reisende zu identifizieren waren. Die Touri-Hauptsaison war längst vorbei. Einheimische Strandspaziergänger winkten uns im Vorbeifahren freudig zu. Ach, war das schön! In Whatipu, dem ersten Geheimtipp des Einheimischen, landeten wir nach etlichen Kilometern Gravelroad auf einem Parkplatz im Nirgendwo, umgeben von Urwaldbergen, Felsen, Dünen, durch welche man nach zehnminütiger Wanderung an einen wundervollen, einsamen, schwarzen Sandstrand gelangte. Zwischen den Flachsen, Palmen und Gräsern der Dünenlandschaft kroch die untergehende Sonne zwischen grauen Wolken noch einmal hervor um ihre letzten orangeroten Strahlen auszusenden. Toll! Anschließend verkrochen wir uns in den hinteren Teil des Vans, nahmen in bequemer Sitzposition auf dem ausgezogenen Bett unser Abendbrot ein, während es draußen wieder leicht nieselte. Mit Joy hätten wir es bei diesem Wetter nicht so angenehm gehabt, mussten wir beide zugeben! Schon um Sieben krochen wir lesend und laptoppend in unsere Schlafsäcke. Nachdem nur wenige Stunden Schlaf hinter uns lagen, wurden wir plötzlich von aufdringlichem Hupen, lauter Musik und Geschrei aufgeschreckt. Ein Auto war neben uns auf den Parkplatz gefahren, dessen angetrunkene Insassen über eine Stunde versuchten uns zu ärgern oder zu vertreiben. Etwas ängstlich und ratlos saßen wir aufrecht und unbeweglich im Auto. Unheimlich, so abseits von Allem! Was, wenn die… Doch zum Glück entschieden sich die Störenfriede irgendwann ohne Weiteres wieder abzurücken. Die erste Nacht im Van war ansonsten ganz okay, ungewohnt ohne Bettzeug und Laken auf einer couchartigen Liege, in Schlafsäcke gehüllt, aber es ging.
Am Donnerstagmorgen machten wir Frühstück im Inneren, auf dem Bett liegend, draußen Niesel, unternahmen anschließend eine Dünenwanderung zum tollen Strand und nahmen anschließend wieder Fahrt auf. In New Lynn fand sich ein McDonalds, eine Einkaufsmöglichkeit sowie ein Postshop. Es stand noch etwas Wichtiges an: unsere Kiwibank-Konten mussten gekündigt werden. Wir bekamen unsere winzigen Restbeträge (und so ganz ohne Frage nach dem letzten Eiskauf ) ausgezahlt. Tröstend erwähnte der Mitarbeiter, dass wir im Falle eine Rückkehr sogar dasselbe Konto wieder aktivieren könnten. Hihi… haben die Kärtchen mal eingesteckt… Wer weiß! Über den Scenic Drive ging es durch Urwald zum Visitor Centre der Westküstenregion, in dem wir einen Baumkronenpfad mit spektakulären Aussichten über die umgebende Natur bis hin zur Küste bewanderten und anschließend noch einen 15min Film in einem kleinen Kinoraum ansahen, in dem wir die einzigen Gäste waren. Alles kostenlos! Wir setzten am späteren Nachmittag die Fahrt fort bis Karekare, einem unscheinbaren Örtchen zwischen Wald und Meer. Ich lief den kurzen Waldweg zum Karekare-Wasserfall, der von Felsen hinab in einen schönen Pool stürzte. Sehr gemütliches, lauschiges, verlassenes Plätzchen. 10min ging es dann über mächtige Dünen bis an den weiten, schwarzen Strand, an dem vor einigen Jahren Teile des Films „The Piano“ gedreht wurden, was mir eine Neuseeländerin erklärte, die mit ihrer Familie ebenfalls auf dem Weg zum Strand war. Als wir ankamen erkannte ich sogleich Wolfis Umriss nahe dem Meer. Er hatte bereits ein Bad genommen und staunte noch immer fast ungläubig über die Kraft der Wellen, in denen sich viele Surfer trieben. Alle paar Minuten flogen Flugzeuge tief über uns in Richtung Auckland ein oder verließen das Land… Uh, bald würden auch wir wieder in solch einem Ungetüm sitzen… Sehr merkwürdig! In der Dämmerung fuhren wir noch bis Piha, einem etwas größeren Strandort, wo wir direkt auf dem Strandparkplatz einen tollen Übernachtunsgplatz mit Blick auf Sand, Meer und Felsen fanden. Da Katjuscha so viel Platz bot und wir die liebe Katja-Kerstin doch noch einmal wiedersehen wollten, luden wir diese einfach per SMS auf einen Tripp mit uns ein. Vom Sonnabend auf den Sonntag würde sie uns begleiten. Unsere letzte Neuseeland-Nacht würden wir also zu dritt in einem Auto verbringen. Hui, hatten wir noch nie gemacht! Doch nun schliefen wir vorerst noch einmal in trauter Zweisamkeit mehr oder weniger gut in den Freitag hinein.
Am Morgen erkannten wir erst richtig, was für einen tollen und relativ erlaubten Parkplatz wir da gewählt hatten! Fünf Schritte und man stand auf feinstem Sandstrand, das Meer nur 40m entfernt, traumhafte Bucht und einige Surfer in den Fluten. Am Parkplatz gab es eine Surfer-Dusche und ordentliche Toiletten mit Umkleide. Ich wanderte auf den für Piha bekannten Lion-Rock, einen großen, einzelnen Felsen am Strand mit Blick über das Örtchen, das so versteckt im Urwald lag, die Strände und das weite Meer. Nach kühler Dusche im Freien fuhren wir entlang des Scenic Drive weiter, hielten hier und da kurz an verschiedenen Lookout-Punkten, machten auch eine kleine, fünfminütige Kauri-Baum-Wanderung am Straßenrand, wo mal wieder Desinfektionsspray und Bürste für die Schuhe bereit standen. Die flachen Wurzeln der empfindlichen, geschützten Riesenbäume sind sehr anfällig, daher diese interessanten Vorsichtsmaßnahmen. Über das kleine Highway-Örtchen Swanson, wo Wolfi sich in einem Trödelladen einen manuellen Barttrimmer zulegte und wir noch ein leckeres Eis in der Sonne genossen, ging es weiter nach Henderson. Hier fanden wir Internet in einer Bibliothek, buchten Van und Hostel für Melbourne, während Katjuscha auch gar nicht mal so untätig herum stand: Wie auch Joy es mehrfach getan hatte, lächelte sie einem Parkwächter zu lieb zu und kassierte prompt einen hübschen Strafzettel über zehn Dollar… Wir bezahlten die Schulden gleich noch auf dem Postamt und fuhren am späten Nachmittag nach New Lynn weiter, wo wir noch einmal Internet im McDonalds nutzten und per Handy von Joys neuer Besitzerin Christina erfuhren, wie gut diese sich bereits mit Joy angefreundet hatte, wie jedoch das Wetter bei ihr in der Bay of Islands momentan so gar nicht mitspielen wollte… Nachdem wir einen Streit überwunden (oh und sowas auf die letzten Tage…) und uns zur Weiterfahrt durchgerungen hatten, parkten wir nach etwas Irren an einem ganz netten Schlafplatz am Ende eines Wohngebietes an der Blockhouse Bay, wo unendliche Treppen durch dichten Wald direkt hinab zum Strand führten und man durch die Bäume einen Blick auf die fernen Lichter und das Meer erhaschen konnte. Ich untersuchte den Weg im Dunkel, Wolfi genoss die Ruhe im Van und dann rief unser Bett zu einer saukalten Nacht…
Um Acht warf uns der Wecker ziemlich früh aus der Koje. Es war Sonnabend, einen Tag vor Abflug und dem Ende unseres Neuseeland-Abenteuers, und endlich musste ich doch mein viel zu viel angehäuftes Hab und Gut per Riesenpaket nach Deutschland senden. Konnte das ja unmöglich als Gepäck mitschleppen… Da waren haufenweise englische Bücher, Jonglierzubehör und andere Spiele, eingegangene (:-)) Klamotten, schillernde Paua-Muscheln, Manuka-Honig aus unserer dritten oder vierten Reisewoche auf Coromandel, unser Straßenatlas, in dem jedes Sträßchen, das wir befahren, und jeder Platz, an dem wir übernachtet hatten, eingezeichnet war, und eben viel, viel, viel anderer Krimskrams, von dem ich mich keinesfalls trennen wollte. Erinnerungen an eine unvergessliche Zeit! Lange hab ich dieses Paketverschicken vor mir hergeschoben, entsetzt über das Gewicht und die Masse immer wieder von einem Pappkarton in den anderen umgepackt und versucht auszusortieren… Doch es half nix, wurde nicht weniger und heute der letzte Tag, an dem ich noch verschicken konnte. Nach einem Frühstück im Freien, bei dem wir ein paar nette Maori-Jogger kennen gelernt hatten, die eigentlich in London lebten, fuhren wir zum rot-grünen Postshop der Blockhouse Bay. Päckchen auf die Waage und Schock auf meinem Gesicht: 160$, über 10kg?! Schnell zurück ans Auto, Wolfis Gelächter ertragen und paar Sachen, die zu schwer und plötzlich doch relativ entbehrlich schienen, raus. Noch einmal auf die Waage… Ne, Mist… trotzdem satte 120$! Paket wieder ins Auto, Wolfi wieder lachend, und Planänderung: Emirates erlaubt 30kg Gepäck pro Person, also sollte nun doch noch ein extra Koffer her. Keine Ahnung, wer den dann trägt und wie, aber verschicken wäre eindeutig zu teuer! Einen Tag vor Flug begann also die Koffersuche und das wo doch auch schon Katja-Kerstin in der City Garden Lodge darauf wartete, von uns abgeholt zu werden. Wie an Wochenenden in Neuseeland nicht untypisch, fanden sich am Straßenrand „Garage Sale“-Schilder. Prompt stoppte wir vorm Haus einer Familie, die unter ihre Waren auch einige Reisetaschen anbot, allerdings in zu schlechtem Zustand. Eine Frau gab uns ihre Nummer, versprach uns, dass sie Zuhause noch weitere Taschen hätte und wir gern am Nachmittag vorbeischauen könnten. Hm. Wir fuhren erst einmal weiter in Richtung Parnell, kamen an einem OP-Shop vorbei und sprangen kurz hinein. Bereits auf dem Absatz rief uns die Inhaberin entgegen, dass geschlossen sei. Trotzdem wollten sie und ihr Mann uns sofort helfen als sie erfuhren, worum es ging und wie dringlich es war. Binnen zwei Minuten standen zwei riesengroße, alte, aber ganz gut erhaltene, Koffer vor uns. Leider wirklich viel zu groß, aber für gerade mal 2$ nahm ich einen von ihnen, nachdem Wolfi mich überredet hatte, mit. Viele Kofferkaufmöglichkeiten boten sich uns sicher nicht mehr bis zum Flug morgen! Wenige Kilometer weiter hielten wir vor einem anderen Secondhand-Shop, der aber nix besseres bot, und gegen elf Uhr parkten wir vor der City Garden Lodge, wo Katja-Kerstin bereits wartete. Sie sprang hinein und so fuhre wir zu dritt auf der Vorderbank von Katjuscha in lustiger Stimmung und bei gutem Wetter durch die Stadtteile Aucklands in Richtung Westcoast. Ersten Stopp machten wir vorm Rockshop an der K’Road, wo Wolfi nach einem Pappkarton für die Gitarre fragte und diesen glatt umsonst bekam. Auch er hatte sich erst kurz vor zu spät darum gekümmert, wie er die Gitarre überhaupt per Flugzeug nach Hause bekommen sollte… aber war ja erfolgreich. Dann entdeckten wir einen Flohmarkt auf einem Parkplatz, stöberten zwischen den vielen Klamotten, Büchern und Geräten umher. Nicht weit davon entfernt erledigten wir den Einkauf für unser Abschiedsdinner mit Katja-Kerstin. In das Parkhaus des Countdown zu kommen, erhöhte unseren Adrenalin-Spiegel, da wir bis zur Einfahrt nicht bedacht hatten, dass Katjuscha um einiges höher war als Joy. Doch ohne das Parkhausdach zu rammen, kamen wir unter Katjas Beobachterstellung weit aus dem Seitenfenster gelehnt heil hinein. Wir beluden den Einkaufskorb großzügig mit Zutaten für ein Butterchicken mit Hackfleisch und viel Gemüse, dazu Nudeln, Bier und Sparkling Pinot Gris, fürs Dessert außerdem noch Schokomuffins. An nichts sollte es fehlen heute – an unserem letzten Abend in dem Land, das uns sieben Monate eine wunderschöne Heimat war! Wir hatten entschieden, diese Abschiedsnacht nochmals am Strand von Piha zu verbringen. Dort hatte es uns gefallen und die nur etwa 40km bis dorthin waren gut fahrbar. Auf dem Weg hielten wir auf einem Waldparkplatz um eine letzte Wanderung, den Upper Huia Dam Walk, durch Westcoast-Urwald zu einem Staudamm zu unternehmen. Eineinhalb Stündchen schlenderten wir mit Katja durch die Natur, sahen noch einmal große, grüne Farne, idyllische Bäche und paradiesische Fussläufe mit kleinen Wasserfällen, Nikau-Palmen, freche, in der Luft mit einer Leichtigkeit spielende Fantails und urwaldig klingende Tuis, die den Baumblüten süßen Nektar entlockten. Oh Neuseeland – so gewöhnt waren wir deine Anblick nun… komisch, dass wir das in diesem Moment zum letzten Mal für wer weiß wie lange Zeit sahen und erlebten. Dieser uneuropäische Wald war uns doch jetzt so vertraut, die Vögel und die Klänge allzu bekannt, ebenso vielleicht sogar manche Gerüche… Und morgen würden wir den Heimweg antreten, die halbe Welt weit weg hinter uns lassen, die uns erst fremd war, nun aber so etwas wie eine zweite Heimat auf Zeit geworden war. Das war genauso unrealistisch wie kurz vor Abflug Zuhause damals. Hätt ich mir damals alles nie so vorgestellt… Zurück auf dem Parkplatz kochten wir uns einen Kaffee und aßen Kekse, ehe es bis nach Piha weiterging. Katja war ebenso verzaubert, wie wir erst vor einigen Tagen, als sie die grüne Natur nur wenige Kilometer außerhalb Aucklands erlebte. Auch Piha und unser Übernachtungsplatz gefielen ihr sehr. Wir legten sogleich mit der Kochaktion los, beobachteten nebenbei die Surfer in den Fluten, die tollen Wolken am Abendhimmel, stießen mit Ale-Beer auf Neuseeland, das Leben, Reisen und alles andere an. Während Broccoli, Möhrchen sowie Paprika in Würfeln fielen, zusammen mit Hack angebraten, in Butterchickensoße ertränkt und die Maccharonis weicher wurden, genossen wir unsere Dreisamkeit am Strand von Piha, lachten über „die Mutter“ und Harry aus der City Garden Lodge und bemerkten bald, dass unsere Wasservorräte zu knapp waren. Auf den Toiletten gab es leider kein Trinkwasser, aber ein netter Surfer bot uns an, später einfach an seiner Haustüre hinter dem zweiten, dicken Baum zu klopfen um dort Wasser aufzufüllen. Fein! Zwischen den Dünen nahmen wir vor einem wolkenverhangenen Abendrot über dem Meer mit vielen Surfern darin unser Abschiedsdinner mit Katja ein. Toller Platz, megaleckeres Essen, äußerst nette Gesellschaft – eines unserer schönsten Abendessen hatten wir am letzten Abend in Neuseeland. Nach dem etwas umständlichen Abwasch (Lappen und Bürste gab es nämlich nicht) machten Katja und ich uns mit leeren Flaschen in den Händen auf den Weg zum Hause des Surfers. Bäume standen überall, dunkel war es auch schon… Welches Haus sollte es bloß sein? Mit Stirnlampe bogen wir in eine feldwegartige Nebenstraße ab, die Katja bald zu gruselig wurde. Wir beschlossen einfach am ersten Haus des Weges zu klingeln, fanden in Haustürnähe bloß einen alten Schuppen mit einem ausgerissenen Puppenarm, aber keine Klingel. Also schlichen wir auf die Terrasse und klopften dort an die Glastüre. Eine ältere Frau öffnete uns, bat uns sofort in ihre wohlig warme, schöne Wohnung herein und spendierte flaschenweise gutes Leitungswasser. Wir dankten ihr und der im Sessel sitzenden Freundin und liefen zurück. Es war mittlerweile wirklich frisch geworden. Wir krochen zu Wolfi in den Van und machten es uns bei Perlwein, Kniffel, Chips mit Butterchickensoße und Schokomuffins gemütlich. War ein toller, amüsanter Abend. Wir waren gespannt wie wir zu dritt schlafen würden. Jeder schlüpfte in seinen Schlafsack und eng an eng lagen wir da: Wolfi auf seiner Seite hinterm Fahrersitz mit Kopf nach vorn, Katja im Ritz zwischen uns, auch mit Kopf nach vorn, und ich auf meiner Stammseite mit dem Kopf Richtung Heck. Wirklich nicht gerade viel Platz. Wir quatschten noch ein bisschen, schliefen vielleicht irgendwann auch mal ein, jedoch kam es uns vor als wären wir fast nur schlaflos gewesen. Keiner konnte wirklich mal länger schlafen. Zu der Enge im Bett und dem ungewohnten zu dritt Schlafen kam ein Sturm draußen, ein ganz plötzliches, lautes Schreien und Zappeln drinnen. Katja hatte von einer Hand geträumt, die durch das Fenster nach ihr griff, „in einem Van wie diesem hier, bloß mit kleineren Fenstern“, und hatte uns alle gleich mal ordentlich mit aufgeschreckt, ja eher beinahe zu Tode aus irgendetwas zwischen Halb- und Vollschlaf erschreckt. Erst waren wir einfach nur geschockt, weil wir dachten, da sei wirklich was. Dann aber als wir verstanden, dass das bloß in Katjas Traum passiert war, mussten wir immer wieder alle drei lachen. Von Schlaf vorerst erneut keine Spur.
Irgendwann war es neun Uhr morgens. Sonntagmorgen am 01. Mai 2011. Der Tag unseres Abfluges war wahrhaftig angebrochen, 05.50pm würde der Flieger den neuseeländischen Boden verlassen. Noch 8h und 50min… Wir, irgendwie unausgeschlafen, aber mit Katja an Bord trotzdem gut gelaunt, machten ein reichhaltiges, schönes Brunch im warmen Van-Inneren mit Meerblick, während es draußen noch weiter stürmte. Alles, was wir so da hatten, kam auf den Tisch: Chips, wieder Butterchicken, Brot und Marmeladen, gekochte Eier, Kekse, Kaffee und Tee… Sehr gut. Wir wurden mehr als satt! Schweren Herzens brachen wir gegen Elf in Richtung Auckland auf. Adieu Piha, Westcoast und Natur. In Newmarket, kurz vor Parnell, legten wir noch einen Stopp fürs Warehouse ein, beeilten uns nun zunehmend, da es doch schon ziemlich spät war (Katja musste noch zurück gebracht, der Van aufgefüllt und durch die ganze Stadt zurück zur Leihfirma gefahren und unser Kram gepackt werden, dann natürlich noch zum Flughafen – Abflug in nur 6h!). Es fehlte noch Klebeband für Wolfis Gitarrenkarton. Dieses war im Warehouse schnell gefunden, aber noch etwas anderes erregte da meine Aufmerksamkeit: ein schöner, kleiner Rollkoffer für 25$. Der musste jetzt mit! Zwei Minuten später standen wir vor der City Garden Lodge, welche Katja wieder bezog. Sie freute sich bestimmt schon wieder auf ein richtiges Bett. Wir schmissen noch einigen Kram aus dem Van in die Free Stuff Ecke des Hostels: neben verschiedenen Gewürzen so auch den riesigen 2$-Koffer vom Vortag. Man, war ich froh, dass ich den nun doch nicht mitschleppen musste. Das neue Rollköfferchen war viel kleiner, konnte rollen, war einfach perfekt und so ganz kurz vor Flug noch gefunden! Prima! Wir verabschiedeten die liebe Katja-Kerstin, die ja eigentlich Kerstin heißt, mit einer ganz festen Umarmung. Sie winkte uns noch einmal nach bis wir außer Sichtweite waren. Toll, dass wir sie so kurz vor Reiseende kennen gelernt und mit ihr sogar noch solch eine letzte, schöne Tour unternommen hatten! Wir wünschen dir, liebe Katja-Kerstin
, ein super Reiseabenteuer durch das traumhafte Neuseeland! Sehen uns später ja an der Müritz wieder.
Auf dem Weg zum Van-Ausleih füllten wir Katjuschas Tank wieder mit Benzin und den Kocher mit Gas auf. Gegen vierzehn Uhr kamen wir in Mangere an. Auf dem Parkplatz gegenüber der Leihfirma breitete ich meine Sachen aus um sie in dem neuen Köfferchen unterzubringen. Wir gaben den Van problemlos ab und packten im Aufenthaltsgebäude der Leihfirma unsere Rucksäcke, Handgepäcke, Gitarrenkartons und Rollköfferchen fertig. So viel Kram – Wahnsinn! Beeilung, Stopfen, hier rein und doch wieder raus, passt nicht, ab in die andere Tasche, noch die Schuhe auf dem Klo der Firma putzen, Stress, ersten Shuttle-Bus verpasst, ordentlich Hitze im Körper und Schweiß auf der Haut, dazu Müdigkeit… bäh… Irgendwann war irgendwie doch alles eingepackt, aber kaum zu tragen! Mit dem nächsten Shuttle-Bus der Van-Vermietung fuhren wir samt sieben Gepäckstücken (jeder einen kleinen, schweren und einen großen, sehr schweren Rucksack, ich den neuen, beinahe platzenden Rollkoffer, Wolfi den unförmigen Gitarrenkarton und noch ein großer Essbeutel) gegen Vier zum nicht weit entfernten Flughafen. Im Bus die erste, ruhige Minute am Abreisetag: Ja, das war es nun wirklich! Wir verließen Neuseeland! Und schon war der Flughafen erreicht: Gepäckberg auf zwei Wagen verladen und ab in den Online-CheckIn-Bereich von Emirates. Ging alles dank Vorarbeit im Internet schneller, ganz ohne Anstehen in der Schlange. Sogar das Gepäckgewicht war insgesamt noch knapp unter der Freigrenze von 60kg für zwei Personen. Überhaupt kein Problem. Die Gitarre brachten wir in die Gepäckabteilung für übergroße und Sonderstücke und schon standen wir bloß noch mit unseren kleinen Rucksäcken und dem Essen im Flughafengebäude. Wenn auch etwas knapp, aber geschafft! Bloß Matt, den Melbourner aus der City Garden Lodge, den wir hier am Flughafen wiedertreffen wollten, verpassten wir irgendwie. Wir setzen uns in den Essbereich vorm McDonalds, packten Chips, Dips, Toastbrot und Aufstriche aus, machten ohne großen Hunger irgendeine merkwürdige Zwischenmahlzeit daraus, und bevor ich noch ein letztes Souvenir kaufte und wir kurz vor Schalterschluss als fast letzte Gäste leicht panisch ins Flugzeug stürzten, schrieb ich noch schnell einen kurzen Abschiedsartikel (hatte leider in den letzten Tagen absolut gar nicht mehr geschafft zu schreiben, obwohl ich so unbedingt den Neuseeland-Teil des Blogs vor Abflug fertig stellen wollte…).
Wir beiden Geschwisterlein Tini und Wolfi stießen auf dem Auckland Airport am 01.05.2011 kurz vor Abflug gegen 5pm mit einem letzten Tui-Bier nach über sieben Monaten zu zweit in Neuseeland zusammen an – auf all das, was in diesen letzten sieben Monaten geschehen war, auf all die Erlebnisse, die wir erfahren, und auf all die Menschen, die wir kennenlernen durften, darauf dass wir uns so lange durch ein fremdes Land geschlagen hatten, das wir so lieb gewonnen haben, darauf dass wir uns trotz so einiger Streits am Leben gelassen hatten und uns sogar noch immer so doll gern haben wie zuvor, darauf dass wir nun etwas in uns tragen dürfen, das uns Neuseeland und die Reise gegeben haben und das uns niemand mehr wegnehmen kann und wird!
Es war ein Traum, der in Erfüllung ging – im Land der langen, weißen Wolke!
(Dieser Artikel wurde erst in Schlotheim anhand von Reisenotizen mehr als vier Wochen nach unserer Rückkehr (am 15.06.2011) fertig gestellt und veröffentlicht, wurde aber trotzdem zeitlich an die eigentliche Stelle im Reisebericht eingeordnet.)